BAUKULTURBILDER 2024 - Die Preisträger*innen

                       

Vom 01. bis 11. Oktober 2024 waren alle Bilder des diesjährigen Fotowettbewerbs im M26 ausgestellt. Interessierte Bürger*innen sowie Teilnehmer*innen der 2. Baukulturtage konnten sich in dieser Zeit selbst ein Bild machen von der überwältigenden Bandbreite der Fotos, welche in drei Alterskategorien eingereicht wurden. Im Rahmen einer Finnisage wurden am Abend des 11. Oktober dann Preise und Anerkennungen feierlich verliehen.

Hier geht’s zum Artikel der Mittelbayerischen Zeitung.

Preisträger*innen Kategorie Erwachsene:

1. Preis: Michael Gratza, “Abendstimmung”
Schikanederstraße 1, Regensburg

BEURTEILUNG DURCH DAS PREISGERICHT:

Die Aufnahme lebt durch Hell-Dunkel-Kontraste und durch Mengenkontraste. Durch das schräge Licht auf die Balkone entsteht ein graphischer Schattenwurf nach links, der dem Gebäude eine plastische Beleuchtung verleiht, die spannend ist und gleichzeitig Ruhe ausstrahlt. Die graphisch schlichte Bildaufteilung ergibt eine gute Eindeutigkeit der Aufnahme. Neben der fotografischen Qualität überzeugt dieses Bild durch seine Bildkomposition, welche die vertikale Verdichtung der Wohnbebauung im Stadtteil Königswiesen optimal unterstreicht. Die Licht-Schatten Führung verstärkt die uniforme Stapelung der Wohneinheiten in die Höhe. Dies weckt Assoziationen an die Aufbruchsstimmung und Hoffnungen an die für Regensburg zur Erstehungszeit sehr modern und großstädtisch anmutende Wohnsiedlung. Das Bild dokumentiert damit den Zeitgeist und die neuen veränderten Ansprüche an den städtischen Wohn- und Lebensraum. Der Text unterstreicht und vertieft die Bildkomposition. Er beschreibt treffend die prominente Lage, den Kontrast zur historischen Altstadt und die Hoffnungen, die mit der Errichtung der Gebäudekomplexe in den 60er Jahren einhergingen. Die minimalistische Bildkomposition sowie die wohlgewählten Worte die das Gebäude als architektonisches Zeitdokument einordnen, regen zum Nachdenken über den Wert und die Qualität dieses markanten Regensburger Gebäudes – ganz entsprechend der Intention des Fotowettbewerbs BaukulturBilder.

2. Preis: Jakob Heie: “Platzhalter”
Baufinanz Diederichs Hochhaus, Heitzerstraße 8, 93049 Regensburg

BEURTEILUNG DURCH DAS PREISGERICHT:

Der Blick fällt sofort auf das Gebäude, welches sich markant in den Himmel erhebt. Die Details der Straßenszene leiten das Auge zum bildwichtigen Hochhaus, die Stromleitung und der Radfahrer weisen in Richtung Gebäude. Die dunklen Bäume wirken als Rahmen. Die Hell-Dunkel-Kontraste im Bild überzeugen. Die Bildaufteilung entspricht nicht ganz dem Goldenen Schnitt, durch einen etwas größeren Ausschnitt würde auch das 30er Schild wegfallen, was dem Bild noch mehr Tiefe verleihen würde. Das Bild zeigt den Blick aus einem Fenster auf das unbeachtete Gebäude der Baufinanz Dietrich, einen sachlichen Solitär im Regensburger Westen. Der Bau, wahrscheinlich aus den späten 60er oder frühen 70er Jahren, steht zeichenhaft und markant in seiner Höhe in der Umgebung. Gleichsam wie ein Ensemble wirken Gebäude, Tankstelle und der breite Straßenraum zueinander. Sie stehen für die vergangene Verheißung der Auto-Mobilität – gebrochen im Bild jedoch durch den leeren Straßenraum gequert von einem einzelnen Radfahrer. Auch die Fotografie in schwarz-weiß rückt das Bild in die Vergangenheit. Die starken Kontraste, die prägende Linien und die Einbeziehung der Umgebung fügen sich zu einer zeitlosen, aber spannungsreichen Gesamtkomposition. Das Gebäude steht wie ein Fels in der Brandung in einem sich laufend wandelnden Quartier. Unsere Stadt und unsere Gebäude sind in einem stetigen Veränderungsprozess, wir stehen vor Aufgabe, unzählige Bauten nachhaltig in eine neue Nutzung zu transformieren, so beschreibt es Jakob Heie bei seiner textlichen Erläuterung zu seiner Fotografie mit dem Namen „Platzhalter“. Er stellt offen die Frage, was kann auch einem solchen Gebäude werden, wie können wir es in die Zukunft mitnehmen. Eine Frage, die wir zukünftig für viele Gebäude in der Stadt beantworten werden müssen.

3. Preis: Corinna Traub:
„Habe ich euch nicht über Jahrzehnte hin informiert und unterhalten?"
Fernsehturm, Regensburg

BEURTEILUNG DURCH DAS PREISGERICHT:

Mit dem Fernsehturm auf dem Ziegetsberg wählt Corinna Traub ein Objekt, das weit außerhalb des Stadtzentrums liegt, wohl von den wenigsten Regensburgern jemals betreten wurde und dennoch im kollektiven Gedächtnis der Gesamtbevölkerung sehr präsent sein dürfte. Mit der Wahl des Bildausschnitts, der in der Untersicht auf die Betonkonstruktion am Übergang vom Turmschaft zur pilzartig auskragenden Sendeplattform fokussiert, werden wir Betrachter ungewohnt nah an das Objekt herangeführt. Dieses fotographische Stilmittel des „Nähe Schaffens“ korreliert inhaltlich mit dem von Corinna Traub beigegebenen Erläuterungstext. Bereits die als wörtliche Rede gekennzeichnete Überschrift „Habe ich Euch nicht über Jahrzehnte hin informiert und unterhalten?“ verdeutlicht, dass der Fernsehturm als beseeltes Individuum wahrgenommen werden soll, der aktiv um eine Anerkennung seiner Bedeutung durch die Stadtgesellschaft bittet. Diese kommunikative Dimension des Verhältnisses vom Bauwerk zum Menschen wird im Text pointiert vor dem geschichtlichen Hintergrund, der sich wandelnden Medientechnik und Konsumgewohnheiten der Nutzer veranschaulicht.

Anerkennung: Erich Szlozek & Tobias Schwarzkönig
”Melanchthonheim| Studentenwohnheim”
Boessnerstraße 9, Regensburg

BEURTEILUNG DURCH DAS PREISGERICHT:

Diese Aufnahme wirkt sehr plakativ, dominiert von Form, Mengen und Hell-Dunkelkontrasten. Fluchtlinien, die den Blick virtuell in die Tiefe ziehen von scharfen zu unscharfen Bildausschnitten. Der Blick wandert zwischen Objekten die nicht sofort identifizierbar sind und so Spannung erzeugen. Auch die räumliche Ausrichtung birgt Interpretationsraum und veranlasst den Betrachter nach Anhaltspunkten zur Einordnung zu suchen. Dadurch werden die meist unbeachteten Feinheiten des brutalistischen Gebäudes gekonnt in Szene gesetzt. Das Bild lässt erkennen, dass diese Architektur eine vielfach unerwartete Tiefe im Umgang mit Materialien birgt. Die textliche Erläuterung zeigt den persönlichen Bezug und die Verbundenheit des Fotografen zum Objekt auf. Die Beschäftigung mit der Wirkung und dem Wert des Bauwerks für die Nutzer während und nach der Bewohnung des Gebäudes. Treffend wird die Wahrnehmung des Objektes als auf den ersten Blick nicht „schön“ im herkömmlichen Sinne beschrieben, aber dass ein genaueres Betrachten zweifellos dessen Qualitäten erkennen lasse. Ein ganz der Ausschreibung des Wettbewerbs entsprechendes wertvolles Gebäude, das leider zeitnah nur noch als Erinnerungen zu bewundern sein wird.

Anerkennung: Michael Geeser
”D’oma - die Großmutter“

Blumenstraße 2, Regensburg

BEURTEILUNG DURCH DAS PREISGERICHT:

Das Bild zeigt eine Innenhofsituation mit einer in die Jahre gekommenen Halle im Hintergrund. Das Gebäude mit seinen filigranen Betonsprossen wirkt bescheiden, trotz seiner Größe. Die umgebenden Gebäude, der Platz davor bis zu den Mülltonnen im Bildrand – alle Elemente des Bildaufbaus scheinen die Halle einzuengen. Und so beschreibt es auch der Fotograf Michael Geeser. Er schlüpft in seiner Beschreibung geschickt in die Rolle der Halle, die sich als „Oma“ eingezwängt zwischen neueren Bauten fühlt, und die Befürchtung äußert, so wie viele andere Gebäude ihrer Art, bald abgerissen und ersetzt zu werden. Denn in ihrer Bescheidenheit und mit ihrer schlichten Ausstattung verlieren Werkhallen dieser Art leider an Aufmerksamkeit. Das Bild selbst besticht durch eine ganz eigene Farbigkeit, Retro, ganz im Stile der 50er Jahre Farbfotografien. Der Aufbau des Bildes spielt mit Nähe und Tiefe. Die Halle – eigentlich im Fokus des Fotografen – wirkt fast schon nebensächlich und unscheinbar zwischen Bepflanzung, Mülltonnen, Sitzbänken und dem Nachbarbau. Und doch fügt sich alles zu einem gelebten Miteinander aus Jung und Alt. Durch Formkontrast hoch- gegen querformatige Gebäude und durch den Mengenkontrast vieler kleiner Fenster gegen zwei große wird Spannung im Bild erzeugt. Erfrischend wirkt das Grün der Sträucher, der unscharfe Ast im Vordergrund lenkt den Blick zum Gebäude und gibt Tiefe. Leider schaut das Auge des Betrachters immer wieder auf den Container vorne.

Anerkennung: Vincent Freimann
”West Sign”

Freiherr-vom -Stein-Straße 2, Regensburg

BEURTEILUNG DURCH DAS PREISGERICHT:

Die 1972-73 vom Regensburger Architekten Josef Winkler errichtete Wohnanlage in der Freiherr-vom-Stein-Straße stellt eine prägende städtebauliche Landmarke im Regensburger Stadtwesten dar und kann zugleich als ein besonders gelungenes Beispiel des Wohnungsbaus seiner Zeit angesehen werden. Im Gegensatz zu anderen Objekten seiner Zeitstellung besticht das Objekt durch die Komplexität und Vielfalt seiner räumlichen Komposition und begegnet uns in bestens gepflegtem Erhaltungszustand. Genau diese doppelte Wertigkeit in unterschiedlichen Maßstabsebenen – die städtebauliche Landmarke der Großform einerseits und die offensichtliche Gebrauchsqualität der einzelnen Wohnungen andererseits – thematisiert Vincent Freimann sowohl in seinem Begleittext als auch durch die kluge Wahl des Bildausschnitts, der die einzelne Einheit im Kontext eines großen Ganzen verdeutlicht. Gerade da dem Betrachter nicht das gesamte Gebäude gezeigt wird, wird Neugier geweckt und Spannung erzeugt.

Preisträgerinnen Kategorie Schüler*innen bis 15 Jahre:

1. Preis: Aurelia Feiner
Industrieanlage in der Nähe des Sarchinger Weihers bei Unterheising

BEURTEILUNG DURCH DAS PREISGERICHT:

Diese Industrieanlage wurde genau zur richtigen Tageszeit im optimalen Licht fotografiert, die warmen Farben des Sonnenuntergangs stehen im Kontrast zu den kalten Farben des Metalls. Der Erdhaufen im Vordergrund verleiht der Aufnahme Tiefe und die Dominanz des Industriegebäudes gegenüber dem winzigen Wohnhaus ist gewaltig. Die junge Fotografin widmet sich mit Ihrem Bild dem Dialog zwischen Natur und Industrie. Sie will zeigen, wie eine auf den ersten Blick „hässliche“ Industrieanlage in Verbindung mit einem romantisch anmutenden Abendhimmel zu einer reizvollen Komposition werden kann. Die Anlage wirkt wie ein Scherenschnitt, fast sakral hebt sich die Silhouette vom farbigen Abendhimmel ab. Die verschachtelte Architektur der Anlage verschmilzt in der Fotografie gleichsam mit der gebauten Umgebung, mit Nebengebäuden, Kiesberg und der leeren Schotterfläche. Aurelia Feiner plädiert in ihrer Beschreibung für einen neuen Blick auf Industrieanlagen und formuliert den Wunsch, diese mehr in den Blick und ins rechte Licht rücken zu wollen.

2. Preis: Maria Zehentmair
”Schulgässchen”

BEURTEILUNG DURCH DAS PREISGERICHT:

Die Aufnahme hat fast eine dreidimensionale Tiefenwirkung durch das Pflaster, das ins Bildinnere führt. Die kleinen Schwibbögen schaffen eine Verbindung zu den verjüngenden Mauern, bringen Spannung und ein Querformat ins Bild. Das Spiel von Licht und Schatten an den Außenwänden der angrenzenden Gebäude lässt deren Alter und Geschichte erahnen. Die schwarzen Schriftzeichen auf der linken Mauer schaffen einen spannenden Kontrast im Vergleich zu den bunten Graffitis auf der rechten Seite. Die Gasse wirkt lichtgeflutet, nur das Verkehrsschild links oben stört den harmonischen Gesamteindruck. Das Ensemble der Regensburger Altstadt genießt Denkmalschutz. Der langfristige Erhalt der mittelalterlich geprägten Gassen und angrenzender Gebäude ist dadurch gesichert und steht zumindest in absehbarer Zeit nicht zur Diskussion. Eine ausführlichere textliche Auseinandersetzung mit dem Bildmotiv sowie eine Erläuterung der Autorin, unter welchem Gesichtspunkt die gezeigte Gasse im Rahmen des Wettbewerbsthemas einen relevanten Beitrag darstellt, wäre wünschenswert gewesen. Die Fotografische Arbeit als solche, sowie die Auseinandersetzung mit der Baukultur der Stadt Regensburg im Rahmen der Teilnahme am Fotowettbewerb werden gewürdigt.

Preisträgerinnen Kategorie Schüler*innen bis 15 Jahre:

1. Preis: Mathilda Geiger
„Mooshamer Gemeinschaftshaus“

BEURTEILUNG DURCH DAS PREISGERICHT:

Beim Gemeinschaftshaus in Moosham, einem Ortsteil der Gemeinde Mintraching, handelt es sich um ein ehemaliges Dorfschulhaus welches augenscheinlich in den späten 1950er oder frühen 1960er Jahren errichtet wurde, wie u.a. an den nur noch selten erhaltenen Türbeschlägen dieser Zeit zu erkennen ist. Mathilda Geiger hat es verstanden, das auf den ersten Blick eher unscheinbare Bauwerk durch eine extreme Tiefenperspektive photographisch überraschend zu inszenieren, indem die Längenausdehnung des Gebäudes optisch betont wird. Besonders preiswürdig ist aber auch der Begleittext, der die nachhaltige Weiternutzung der ehemaligen Schule durch verschiedene Vereine veranschaulicht und das soziokulturelle Potenzial der Umnutzung von aus der ersten Nutzung gefallenen Objekten betont. Die diagonale Bildaufteilung ist sehr gelungen. Der Blick wird von rechts nach links geführt, die Farbgebung ändert sich von warm nach kalt. Die Sonnenstrahlen auf der Treppe führen virtuell in das Gebäude.

2. Preis: Felix Sommerer
„Bootshaus mit Krananlage und Steg“

BEURTEILUNG DURCH DAS PREISGERICHT:

Im Bild spielen Farb- und Formkontraste eine große Rolle. Warme und kalte Farben spielen miteinander. Viele Querelemente werden spannungsvoll durch den hochformatigen Kran unterbrochen. Die Boote und das Bootshaus sind im Mittelpunkt der Lichtführung. Mit seinem fotografischen Beitrag macht Felix Sommerer auf die ungewisse Zukunft des westlich der Altstadt gelegenen Motorboothafens am Oberen Wöhrd aufmerksam. Im Zuge der Umsetzung des geplanten Hochwasserschutzkonzepts für den gesamten Oberen Wöhrd müssen die Liegenschaften der Motorbootvereine weichen. Sie sollen in Kürze an einen anderen Standort weiter außerhalb der Stadt verlagert werden. Felix Sommerer beschäftigt sich somit in seiner Arbeit mit einem Ort im Umbruch. Ob das zentrale Bildmotiv, das Bootshaus mit dem danebenstehenden Kran auch nach dem Umbau des Donauufers erhalten bleibt, ist fraglich. Insofern ist die Arbeit von Sommerer im Sinne des Wettbewerbs relevant. Die Frage nach dem baukulturellen Wert der dargestellten baulichen Anlagen des Motivs bleibt offen. In der textlichen Erläuterung wird nicht dezidiert auf die Gebäude und die Krananlage am Bootshafen eingegangen, sondern vielmehr ein Plädoyer für den Erhalt der Nutzung im Stadtgebiet abgezielt. Die Auseinandersetzung mit dem in Veränderung begriffenen Ort und seiner zukünftigen Entwicklung wird gewürdigt.

Weitere Einreichungen:

Sponsoring:

Der Wettbewerb wurde unterstütz vom Fotohaus Zacharias in Regensburg. Herzlichen Dank dafür!

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„Weg damit – oder eine Zukunft für alte Gebäude!“